Bericht von Paul Hösli (Südostschweiz) vom Samstag 13. April 2024

Der FC Glarus und der FC Linth 04 sind die prominentesten und erfolgreichsten Fussballvereine im Kanton Glarus. Von Weltmeistern, Europameistern, Afrika-Cup-Siegern und schillernden Persönlichkeiten. Ein Vergleich in vier Punkten.

Der FC Glarus wurde 1912 gegründet und blickt daher auf eine lange Geschichte zurück. Bei den Stadtglarnern stand einst sogar ein Spieler unter Vertrag, der Europameister wurde, zweimal einen WM-Final spielte und zudem mit einem der besten Fussballer der Geschichte zusammen auf dem Feld stand: Diego Armando Maradona.

Der FC Linth erblickte erst 2004 das Licht der Welt und entstand aus der Fusion des FC Näfels und des FC Niederurnen. In ihrer verhältnismässig kurzen Zeit haben die Glarner Unterländer aber bereits beachtliche Erfolge erzielt, welche national für Aufsehen sorgten. Die Vereinsgeschichte reicht aber weiter zurück. Der FC Näfels wurde 1921 gegründet, Niederurnen 1933.

Wir vergleichen den FC Glarus und den FC Linth 04 in vier Punkten. Wer verlässt das Feld als Sieger?

Das aktuelle Niveau: Linth ist das Mass aller Dinge im Kanton

Im Glarner Aktivfussball führt seit längerer Zeit kein Weg am FC Linth 04 vorbei. Die erste Mannschaft spielt seit 2018 in der 1. Liga und ist im Kanton unangefochten die Nummer 1. Wenig fehlte in den vergangenen Jahren und die Glarner Unterländer hätten gar an die Tür der Promotion League geklopft, der dritthöchsten Spielklasse im Schweizer Fussball. In dieser Saison tut sich Linth zwar schwer, hat sich mittlerweile aber gefangen und belegt einen Mittelfeldplatz.

Der FC Glarus spielt in der 3. Liga, der siebthöchsten Liga der Schweiz. Nach einem Absturz in die 4. Liga haben sich die Stadtglarner verbessert und spielen in dieser Saison gar um den Aufstieg in die 2. Liga mit. Derzeit liegt der FC Glarus auf Tabellenplatz zwei. Der Aufstieg in die 2. Liga ist ein erklärtes Ziel des Vereins.

Punkt Linth 04

Die Erfolge: Die Zeit in der Nationalliga B überragt alles

Der FC Glarus ist der älteste Fussballklub im Glarnerland. In seiner über 110-jährigen Geschichte haben diverse nationale und internationale Stars das schwarz-weisse Trikot der Hauptstädter getragen. Die Glanzzeit war unbestritten von 1988 bis 1992, als der FC Glarus in der damaligen Nationalliga B spielte. Unvergessen der 2:1-Auswärtssieg am 13. August 1988 beim grossen FC Basel – ein Sieg für die Geschichtsbücher. Die Torschützen vor 4300 Zuschauenden im altehrwürdigen «Joggeli» waren Peter Lötscher und Georg Zug.

Daneben konnte Glarus auch im Schweizer Cup drei grosse Namen aus der Nationalliga A im Buchholz begrüssen. Am 7. April 1990 verlor Glarus gegen Luzern mit 0:3. Am 28. September 1991 gastierte mit den Grasshoppers Zürich der damals schillerndste Fussballverein der Schweiz in Glarus. Spieler wie Thomas Bickel, Ramon Vega, Mats Gren oder Ciriaco Sforza gaben sich die Ehre. GC lief nicht mit der zweiten Garde auf, es spielten sechs Nationalspieler. Das Resultat von 0:7 daher keine allzugrosse Überraschung. Der erste NLA-Verein, der für ein Pflichtspiel in Glarus gastierte, war aber der FC Zürich im Schweizer Cup am 26. September 1981. Die Stadtglarner verloren mit 0:5.

Als weiterer Erfolg darf der Schweizer-Meister-Titel der Senioren 40+ vom 24. Mai 2008 gewertet werden. Glarus gewann das Finalspiel gegen den FC Echichens mit 2:1.

St. Gallen wankte, fiel aber nicht

Auch der FC Linth kann in seiner kurzen Zeit auf einige Sternstunden zurückschauen. Speziell im Cup sorgten die Glarner Unterländer für Furore. Am 17. September 2017 empfing Linth 04 den Super-Ligisten St. Gallen in Näfels. Und die Oberklassigen taten sich gegen die gut organisierten Glarner schwer. Die St. Galler sicherten sich erst im Elfmeterschiessen das Weiterkommen. Weitere Highlights waren die Cuppartien 2009 gegen Luzern (1:4), 2019 in Glarus gegen Sion (0:2) und 2022 gegen den amtierenden Cupsieger Lugano (1:5). Zudem besiegte Linth im Schweizer Cup mit Gossau (2:1), Wohlen (4:0) und Schaffhausen (3:1), damals unter dem heutigen Nationaltrainer Murat Yakin, drei Teams aus der Challenge League. Die beiden Vorgängervereine Näfels und Niederurnen dürfen ebenfalls auf einige erwähnenswerte Erfolge zurückblicken. Beide Mannschaften spielten einst in der 2. Liga.

Eine Punkteverteilung ist hier schwierig, da Glarus in der Meisterschaft die grösseren Erfolge feierte, Linth jedoch im Schweizer Cup die Oberhand behält.

Punkt Glarus in der Meisterschaft
Punkt Linth 04 im Cup

Die bekanntesten Spieler: Weltmeister, Europameister und Afrika-Cup-Sieger

Wer hätte gedacht, dass ein Akteur, der einst mit Diego Armando Maradona gegen einen der besten Fussballer der Geschichte überhaupt spielte, Europameister und zweimal Vize-Weltmeister wurde, jemals im Glarnerland auflaufen würde. Aber Tausendsassa Ypsch Hösli schaffte das beinahe Unmögliche. 1989 gelang dem damaligen Präsidenten ein Transfercoup. «Du musst dich dafür setzen», sagte Hösli zu Vorstandskollege Hans Umberg am Telefon. «Ich habe soeben Hans-Peter Briegel verpflichtet.» Eine Transferbombe, die national für Aufsehen sorgte. Briegel spielte in der Bundesliga für Kaiserslautern und in Italien für Hellas Verona (Meister 1984/85) und Sampdoria Genua. Die «Walz aus der Pfalz» gehörte zudem dem Kader der deutschen Nationalmannschaft an, welche 1980 in Italien Europameister wurde und 1982 in Spanien und 1986 in Mexiko Vize-Weltmeister. Er absolvierte für Glarus 14 Spiele und erzielte dabei zwei Tore.

Briegel war aber nicht der einzige grosse Name beim FC Glarus. Hans Reutlinger (Nationalspieler), der 2019 verstorbene Fritz Künzli (201 Tore in der Schweiz und Nationalspieler), René Botteron (Nationalspieler und Europacup-Finalist), Paul Fischli (fünfmal Meister mit dem FC Basel), Helmut Huttary (138 Bundesligaeinsätze mit elf Toren) oder natürlich Wolfgang Frank. Er absolvierte vor seinem Wechsel zum FC Glarus 215 Bundesligaspiele (etwa für Dortmund und Braunschweig) und erzielte dabei 89 Tore.

Frank war es auch, der den FC Glarus in der Saison 1987/88 in die Nationalliga B führte. Ein Spieler unter ihm war Samuel Opoku Nti. Der Ghanaer spielte unter anderem für Servette Genf und liess seine Karriere in Glarus ausklingen. Er war einer der ghanaischen Top-Fussballer Anfang bis Mitte der 1980er-Jahre. Er gewann mit der Nationalmannschaft 1982 den Afrika-Cup und die African Sportswriters Association ernannte ihn 1983 zum besten Spieler Afrikas.

Ein Weltmeister bei Linth 04

Da kann der FC Linth 04 nicht ganz mithalten. Der bekannteste Name ist wohl Walter Geisser, der seine Fussballschuhe in der Juniorenzeit für Näfels schnürte. Geisser absolvierte für den FC Basel 415 Partien und wurde mit den Bebbi zweimal Schweizer Meister (1976/77 und 1979/80). Auch Eldin Jakupovic spielte während seiner Juniorenzeit für die Glarner Unterländer. Der Biltner absolvierte als Profi Spiele in der Schweiz, Russland, Griechenland, England und zuletzt in Amerika. Zudem lief Jakupovic einmal für das Schweizer Nationalteam auf.

André Caetano gehörte dem legendären Schweizer Nationalteam an, welches 2009 in Nigeria die U17-Weltmeisterschaft gewann. Ein gewisser Haris Seferovic erzielte damals im Finalspiel das einzige Tor gegen die Gastgeber zum historischen Sieg. André Caetano steht noch heute im Kader von Linth 04, als Junior spielte er auch für den FC Glarus.

Weitere bekannte Namen, die bei beiden Vereinen als Spieler oder Trainer unter Vertrag standen, sind Wolfgang April (6 Bundesligaspiele für Frankfurt) oder Willi Scheepers. Der Niederländer spielte unter anderem für den PSV Eindhoven. Zuletzt machte Scheepers aber eher unrühmlich auf sich aufmerksam. Er wurde 2022 von einem Schweizer Gericht wegen Kokainhandels und Geldwäsche schuldig gesprochen und zu acht Jahren Gefängnis verurteilt.

Punkt Glarus

Die Präsidenten: Charismatische und umtriebige Persönlichkeiten

Da gibt es auf beiden Seiten schillernde Namen. Aber an Ypsch Hösli führt wohl kein Weg vorbei. Der charismatische Stadtglarner präsidierte den FC Glarus von 1987 bis 1995 und führte den Verein in die Nationalliga B. Diese Zeit hinterliess jedoch auch ein grosses Loch in der Vereinskasse, die Rede ist von 600 000 Franken Schulden. Diese mussten über viele Jahre abgebaut werden. Seit 2014 präsidiert nun der ehemalige NLB-Spieler Koni Gabriel den Verein und verfolgt ein klares Konzept. Mit Erfolg. Der FC Glarus steht finanziell gesund da und auch auf dem Spielfeld läuft es derzeit gut.

Der FC Linth 04 hatte seit Bestehen nur einen Präsidenten: Erich Fischli. Nach Startschwierigkeiten 2004 mauserte sich Linth unter dem umtriebigen Präsidenten zum grössten und erfolgreichsten Glarner Fussballverein. Aufstieg an Aufstieg wurde gereiht – die Zahl der Juniorinnen und Junioren wächst kontinuierlich. Erst kürzlich ist Fischli als Präsident zurückgetreten, sein Nachfolger ist Shaqir Rrahmanaj.

Ein Punkt für beide

Das ergibt für beide Vereine letztlich drei Punkte und das Duell endet mit einem Unentschieden. Das ist ein wenig unbefriedigend. Daher entscheiden wir, dass der FC Glarus in der Nachspielzeit einen Extrapunkt bekommt, aufgrund der Zeit in der NLB und den grossen Namen, welche für den Stadtverein aufliefen. Aber Linth 04 ist ein junger Verein und hat noch jede Menge Zeit, dies nachzuholen.