Der FC Glarus ist stolz auf seine Historie. Besonders stolz ist man im Glarnerland auf die vier Spielzeiten, welche man in der zweithöchsten Liga, der NLB, spielen durfte (Saison 1988/1989 bis Saison 1991/1992).
Am Samstag 23. Juli 1988 fand das erste NLB-Spiel des FC Glarus statt.
Gerne schauen wir auf dieses historische Spiel zurück.
FC Glarus : SC Zug 0:1 (0:1)
Sportplatz Buchholz in Glarus – 1’350 Zuschauer
Die Glarner Helden waren:
Torwart: Zoran Markov
Feldspieler: André Bär, Daniel Berger (50. min Horst Thoma), Herbert Noser, Carlo Ramensperger, Captain: Koni Gabriel (60. min Peter Lötscher), Wolfgang Frank, Elmar Landolt, Daniele Biasco, Georg Zug, Gianni Di Renzo
Bericht der Glarner Nachrichten vom Montag 25. Juli 1988 (Markus Schuler)
Nationalliga-Premiere des FC Glarus trotz Niederlage halbwegs geglückt
Nun hat auch der FC Glarus seine Nationalliga-Taufe hinter sich. Zwar hätte der NLB-Auftakt bei etwas mehr Abschlussglück durchaus mit einem Sieg beginnen können, doch aufgrund von einigen vielversprechenden Spielphasen hat man doch gesehen, dass sich der FCG auch auf dieser Ebene nicht zu verstecken braucht. Licht und Schatten wechselten verständlicherweise nach so kurzer Einspielzeit noch zu oft. Das heisse Wetter stellte zudem zusätzlich grosse Anforderungen an die Akteure. Doch seit Samstag lässt der NL-Spielplan keine Zeit für Experimente mehr zu – die Spiele folgen sich nun Schlag auf Schlag.
Nach dem Kick-Off durch Gemeindepräsident Dr. Heinrich Aebli rollte sofort Angriff um Angriff in Richtung Zuger Tor; die Glarner starteten wie die Feuerwehr. Und genau in diesen ersten zehn Spielminuten hätten sie sich eigentlich den Sieg schon sichern müssen. Nach einem schönen Alleingang von Neuzuzüger Di Renzo lenkte Torhüter Hunkeler dessen Schuss mit tollem Reflex über die Latte.
Nur zwei Minuten danach war es Biasco welcher nach schöner Vorarbeit von Georg Zug unbedrängt im Strafraum zum Schuss kam und darüber schoss. Trotz nominell nur zwei Stürmern machten die Glarner in diesen ersten Minuten enorm viel Druck. Wie eine kalte Dusche musste darum in der 12. Minute das überraschende Führungstor der Gäste wirken, als Zwahlen nach einem Freistoss das Leder indirekt am verdutzten Markov vorbei schlenzte.
Nach diesem Schock kehrte das Spiel völlig. Die geschockten Platzherren verloren nun jeglichen Mut zur Offensive und staffelten vielleicht sogar unbewusst ängstlich nach hinten. So waren die beiden Sturmspitzen Zug und Di Renzo plötzlich auf sich allein gestellt, ja schlimmer noch, sie mussten sich die Bälle im überforderten Mittelfeld sogar selber holen. Den Zugern umgekehrt gelangen nun einige schöne Direktzuspiele, ohne dass sie allerdings weiteres Kapital daraus schlagen konnten. Aber vor allem dieser Zeitabschnitt hat aufgezeigt, wo die Grenzen der Glarner liegen. Bei diesen von den Zugern gezeigten, teilweise flüssigen Kombinationen, wo sie den ball und Gegner laufen liessen und die Glarner vehement in die eigene Platzhälfte zurückdrängten, hat man gesehen, dass vor allem das Mittelfeld und die Abwehr in der Besetzung der ersten Halbzeit schnell einmal überfordert ist. In der Nationalliga nützt Kampf allein nichts mehr, wenn die spielerischen Mittel dazu fehlen. Bei Gegnern von anderem Kaliber würden sich solche Schwächen bestimmt noch verheerender auswirken.
Natürlich waren aber auch die Zuger nicht ohne Schwächen. Auch diese Elf wirkte naturgemäss noch längst nicht abgestimmt. Überhastete Angriffe und Abschlussversuche und zahlreiche Missverständnisse zeugten davon. Nach einer guten halben Stunde glich sich das Spielgeschehen aus, obwohl die Gäste den abgeklärteren Eindruck hinterliessen.
Glarner Dominanz nach der Pause
Die zweite Spielhälfte gehörte dann aber mehrheitlich den Platzherren. Mit wesentlich mehr Druck als in der ersten Halbzeit agierten nun die Glarner. Schade eigentlich, dass sie nicht während der ganzen Partie diesen Mut aufgebracht hatten. Zwei Spielerauswechslungen brachten den Umschwung, indem Thoma als Aussenverteidiger immer wieder der Seitenlinie entlang nach vorne stiess und später dann auch noch Lötscher offensiv mehr Wirkung brachte. Mit Berger noch im Mittelfeld dürfte die Frank-Elf zusätzliche Reserven in der Offfensivkraft freilegen können.
Vor allem die letzte halbe Stunde hat den Glarnern den Weg für die Zukunft aufgezeigt, denn mit mehr Druck von hinten wirkten sie plötzlich wieder um einiges gefährlicher. Wie hatte doch BRD-Teamchef Franz Beckenbauer anlässlich der EM so gesagt: “Heute müssen die Spiele von hinten heraus gewonnen werden”. Wenn die Glarner Abwehr einmal richtig eingespielt und aufeinander abgestimmt ist, dann wird auch Trainer Frank auf diesem Grundsatz bauen können.
Den Ausgleich, den hätten sich die Platzherren mehr als verdient. Schon alleine das nicht geahndete Handsvergehen im Strafraum der Zuger hätte den einen Punkt geben müssen. Die Glarner waren jedenfalls den Zugern ein mindestens ebenbürtiger Partner, wenn auch noch nicht so abgeklärt, und zudem liess auch die Raumaufteilung noch weitgehend zu wünschen übrig. Trotzdem war es erstaunlich, was Trainer Frank in so kurzer Vorbereitungszeit wieder zustande gebracht hat. Die Premiere jedenfalls darf als gelungen bezeichnet werden; die Glarner zeigten über weite Strecken ein gutes Spiel, auf dem sich zuversichtlich weiterarbeiten lässt. Die Qualifikationsrunde wird vor allem für die Spielpraxis, die Moral und die Rhythmusanpassung wichtig sein, mit dem Ziel, dem einen oder anderen Favoriten ein Bein zu stellen. Entscheidend in dieser ersten Nationalliga-Saison wird das Frühjahr sein, wo es dann in der Auf-/Abstiegsrunde um die Wurst gehen wird.
Die nächsten Spiele
Die Spiele folgen sich nun Schlag auf Schlag. Schon am kommenden Mittwochabend wird der FCG auf der Winterthurer Schützenwiese zu Gast sein, wo er auf die Schützlinge von “Atom” Otto Luttrop treffen wird, auf jenes Winterthur also, das in seinem letzten Vorbereitungsspiel Celtic Glasgow nur knapp 1:2 unterlegen ist und das mit einigen Verstärkungen als klarer Teilnehmer für die Aufstiegsrunde gilt. Mit seiner langjährigen Nationalliga-Zugehörigkeit gilt es gegen den FCG denn auch als haushoher Favorit, für das alles andere als ein Sieg eine Blamage wäre.
Und schon am nächsten Samstag ist mit dem FC Chiasso ein weiterer langjähriger Nationalligaclub Gegner des FC Glarus.
Stimmen zum Spiel
Unentschieden wäre gerecht gewesen
Alle, “Freund und Feind” waren sich nach Spielschluss mehr oder weniger einig: Der Neuling hatte ein gutes Spiel gezeigt, ein Unentschieden hätte dem Spielverlauf eher entsprochen. Abstimmungsschwierigkeiten auf beiden Seiten waren klarerweise noch zu erkennen. Der Glarner Anhang zeigte sich vom Spiel der Einheimischen trotz der Niederlage, im Gegensatz zu den Spielern selbst, keineswegs enttäuscht, höchstens natürlich vom Resultat selbst.
SC Zug Trainer Andre “Bigi” Meier: “Nun stehen wir wenigstens nach den ersten Spielen nicht schon am Schluss der Tabelle. Wir müssen jetzt noch gegen Chur einen Punkt holen, dann dürften wir von einem gelungenen Start sprechen. Das Spiel heute war sehr ausgeglichen. Ein Unentschieden wäre aufgrund der beidseitigen Chancen gerecht gewesen. Glarus liess vor allem das Pressing vermissen; es hat zu wenig von hinten heraus gespielt und somit für uns das Spiel erleichtert. Glarus muss sich natürlich zuerst an den höheren Rhythmus gewöhnen. Aber auch uns geht die Robustheit noch ab. Trotzdem, mit meinen jungen Spielern bin ich zufrieden, aber gegen ausgesprochene Kampfmannschaften hätten wir momentan noch Mühe. Ich bin aber froh, dass wir die Glarner schon zu Saisonbeginn hatten, bevor sie richtig eingespielt sind. Bei uns musste Manetsch leicht angeschlagen ins Spiel gehen. Wir und sicher auch Glarus, Chur und Emmenbrücke müssen mit der Abstiegsrunde rechnen.”
FCG-Spielertrainer Wolfgang Frank: “Ich bin mit dem Spiel nicht unzufrieden. Nur schade, dass wir unsere klaren Torchancen nicht zu nutzen verstanden. Die Spieler haben aber gesehen, dass sie mithalten können. Es war für uns natürlich ausserordentlich schwierig, bei dieser Hitze dem Führungstor nachrennen zu müssen.”
Gianni Di Renzo, zurück vom FC Lugano: “Wir haben sicher mehr für die Offensive getan als der Gegner, zumindest in der zweiten Halbzeit und zu Beginn der Partie. Die Zuger spielten nach der frühen Führung auf Sicherheit.”
Urs Oswald, verletzter Aussenverteidiger des FCG: “Es war ein sehr ausgeglichenes Spiel. Die Kompaktheit fehlt natürlich noch. Wir sind noch nicht eingespielt und abgestimmt. Unsere Verteidigung hat zu wenig aufgeschlossen, dadurch fehlte der nötige Druck.”
Coach Gemperle, SC Zug: “Für ein Auswärtsspiel lief es gut für uns. Es war zwar ein etwas nervöses Spiel, aber dies ist zu Saisonbeginn normal. Die Partie war sehr ausgeglichen, der Glücklichere hat gewonnen. Die Abwehren haben zu wenig konsequent gespielt – die Glarner in der ersten, wir in der zweiten Halbzeit.”
Ernst Wirz, Coach FCG: “Hätten wir zu Beginn die beiden klaren Torchancen genutzt – das Spiel wäre mit Sicherheit anders gelaufen. So wie in der zweiten Halbzeit müssen wir weiter spielen. Der Druck nach vorne muss noch verstärkt werden, zu beginn sind die Leute von hinten zu wenig mitgegangen.”
Während den vier Jahren in der NLB besuchten zahlreiche namhafte Fussballer das Buchholz in Glarus. Gerne schauen wir, wer denn beim SC Zug das Glarnerland am 23. Juli 1988 besuchte.
Stürmer Marco Grassi: Im Jahr 1988 war Marco Grassi ein junger Tessiner Stürmer (20 Jahre alt). Er stand im Jahr 1994 im Kader der Schweizer Nationalmannschaft an der Weltmeisterschaft in den USA und absolvierte dabei ein Spiel (in der 81. Minute im Spiel gegen Kolumbien für Alain Sutter beim Stand von 0:1 eingewechselt; Endresultat: 0:2). Ebenso stand er 1996 im Kader der Schweizer Nationalmannschaft an der Europameisterschaft in England und absolvierte dabei zwei Spiele (er stand in der Startformation beim Eröffnungsspiel gegen England (1:1) und gegen die Niederlande (0:2)). Insgesamt absolvierte er 31 Länderspiele und schoss dabei drei Tore. Er spielte später unter anderem für den FC Zürich, die AS Monaco und Olympique Lyon.
Trainer des SC Zug war André “Bigi” Meier: Er war Schweizer Nationalspieler und absolvierte in den Jahren 1972 bis 1976 13 Länderspiele für die Schweiz. Als Spieler lief er für den FC Luzern (1967-1970) und den Grasshopper Club Zürich (1970-1984) auf und wurde mit GC fünf Mal Schweizer Meister (1971, 1978, 1982, 1983, 1984) und feierte einen Schweizer Cupsieg (1983). Von 2001 bis 2013 war er Assistenztrainer der Schweizer U21 Nationalmannschaft.
Der Torschütze zum entscheidenden 0:1 war Thomas Zwahlen: er absolvierte im Jahr 1979 ein Länderspiel für die Schweiz, als er für den BSC Young Boys spielte. Beim EM-Qualifikations-Spiel gegen die DDR (0:2 Niederlage im Espenmoss St. Gallen) durfte er 90 Minuten neben Jean-Paul Brigger stürmen.
Neben Thomas Zwahlen stürmte Vittorio Allegretti. Klar Allegretti ist jetzt keine Berühmtheit im Schweizer Fussball, aber er war massgeblich am Aufstieg aus der 1. Liga in die NLB beim FC Glarus beteiligt. Er spielte zwar nur die Rückrunde der Saison 1987/1988 beim FC Glarus (er wurde für die Rückrunde vom SC Zug ausgeliehen), konnte jedoch dabei überzeugen. So schoss er z.B. in den entscheidenden zwei Aufstiegsspielen gegen den FC Rorschach drei Tore (zwei im Hinspiel in Rorschach und ein Tor im Rückspiel in Glarus). Er wechselte nach dem halben Jahr in Glarus wieder zurück zum SC Zug. Gleich in seinem ersten Pflichtspiel für den SC Zug traf er auf seine ehemaligen Mitspieler, mit welchen er drei Wochen zuvor noch den Aufstieg in die NLB feierte.