Bericht von Ruedi Gubser (Südostschweiz Ausgabe vom Dienstag 03. Mai 2022)
Die Eishalle im Buchholz in Glarus verströmte am Samstag am «Legändä-Fäscht» des FC Glarus ihren kühlen Charme. Die emotionalen Geschichten der FCG-Legenden sowie die Klänge der Rämlers vermochten die Besuchenden aber genügend aufzuwärmen.
In einer Eishalle kann es kalt sein. Diese Erkenntnis kommt nicht überraschend. Das Wort Eis steht ja nicht gerade für Wärme. In einer Eishalle kann es aber auch kalt sein, wenn das Eis nicht mehr da ist. Diese Erfahrung mussten die Legenden und Besucher am Samstag am ersten «Legändä-Fäscht» des FC Glarus machen. Ein kühler Wind, der in die auf drei Seiten offenen GLKB-Arena wehte, sorgte bei den Anwesenden für ein leichtes Frösteln. Gut beraten war, wer die Winterjacke dabei hatte.
Für Hühnerhaut-Feeling sorgte an diesem Anlass aber nicht nur das Wetter. Die anwesenden FCG-Legenden Paul Fischli, René Botteron, André Caetano und Monika Kälin (für ihren im Dezember 2019 verstorbenen Ehemann Fritz Künzli) unternahmen bei ihren Erinnerungen eine emotionale Reise in die Vergangenheit. Monika Kälin erzählte, dass sie bereits als 14-jähriges Mädchen Fritz Künzli ins Panini-Album klebte und dabei zu ihrem Vater sagte: «Den will ich heiraten.» Dieser Wunsch sollte einige Jahre später tatsächlich in Erfüllung gehen. Beim ersten persönlichen Treffen ergriff allerdings nicht Kälin die Initiative. Bei einem Lokalbesuch in Zürich sei sie von einer Freundin auf die Anwesenheit von Fritz Künzli aufmerksam gemacht worden. Und plötzlich hat dieser Fritz Künzli vor ihr gestanden und habe sie zum Tanz aufgefordert. «Ich blickte auf seinen Fuss und sagte: Mit dem Gips geht das doch nicht? Und er erwiderte, langsame Tänze sind möglich», plauderte Kälin aus dem Nähkästchen.
Sie erzählte auch, dass sie später «ihrem» Fritz in den USA, wo er Engagements bei den San Diego Sockers und Houston Rockets hatte, einen Überraschungsbesuch abstatten wollte. Als sie jedoch vor seiner Wohnungstür stand, öffnete niemand. «Ihr» Fritz war irgendwo in den USA an Meisterschaftsspielen unterwegs. Ohne «ihren» Fritz zu sehen, musste «Möneli» in die Schweiz zurückfliegen.
Fritz Künzli ist übrigens mit 201 Toren in 313 Spielen noch heute der Rekordtorschütze in der höchsten Schweizer Fussball-Liga. Mit dem FC Zürich feierte er zwei Meistertitel und vier Cupsiege. 44 Mal lief er für die Schweizer Nationalmannschaft auf.
Paul Fischli, der mit dem FC Basel fünfmal Schweizer Meister und einmal Cupsieger geworden war, erinnerte sich an die gemeinsame Jugendzeit mit Fritz Künzli. Die beiden wuchsen in Ennenda nur 100 Meter voneinander entfernt auf. «Wann immer möglich, spielten wir Fussball», so Fischli. Auch sonntags. «Anstatt in die Kirche gingen wir ins Buchholz, um zu tschutten.»
In den Jugendjahren gab es auch den «doppelten Fischli». Neben dem Fussball war er auch Goalie im Eishockeyteam des Glarner EC. Und in diesen beiden Funktionen konnte es auch passieren, dass er zwei Spiele in unterschiedlichen Sportarten am gleichen Tag absolvieren musste.
Eine grosse Legende des FCG ist auch René Botteron. Der 68-Jährige wurde mit dem FC Zürich dreimal Schweizer Meister, bestritt 65 Länderspiele, war der erste Schweizer in einem Europacup-Final, Weltauswahl-Spieler und wurde zu seinen Glanzzeiten der «Cruyff Helvetiens» genannt. Bescheiden, wie René Botteron ist, wollte er sich auch am «Legändä-Fäscht» in Glarus nicht in den Vordergrund drängen, betonte aber, dass ihn die legendären Bo-Bo-Botteron-Rufe seiner Fans jeweils gefreut hätten. «Das war sehr schön», betonte Botteron.
Etwas Spezielles sei auch der gemeinsame Auftritt in der Nationalmannschaft mit Fritz Künzli gewesen. Botteron konnte sich dabei an ein Spiel gegen Norwegen erinnern, Moderator Markus Stadelmann sprach von einer Begegnung gegen Österreich. Vielleicht sind es ja sogar zwei Länderspiele, in denen zwei Fussballer vom FC Glarus gemeinsam auf dem Feld standen. Irgendeine der vielen Legenden des FCG wird es bestimmt genau wissen.
Die jüngste Legende des FC Glarus ist André Caetano. Der heute 30-Jährige war 2009 Mitglied des Schweizer U17-Nationalteams, das mit dem Gewinn des WM-Titels Historisches schaffte. Das sei ein prägendes Erlebnis gewesen, betonte Caetano. Und interessant zu verfolgen gewesen sei das zunehmende Medieninteresse mit Fortdauer dieses WM-Turnieres. «In der Gruppenphase interessierte sich kaum jemand für uns. Aber je länger das Turnier dauerte, desto gefragter waren wir», so Caetano. Er habe von einer Karriere wie Künzli oder Botteron geträumt. Seine Karriere sei jedoch dann anders verlaufen.
Legenden über den FC Glarus sind ebenfalls zahlreich vorhanden, vor allem aus der Zeit, als Fritz «Ypsch» Hösli Präsident war. Neben diesen Legenden gibt es aber auch noch die Trainerlegenden Wolfgang Frank und Hans-Peter Briegel. Frank war derjenige Mann, der den FC Glarus von der 2. Liga in die Nationalliga B brachte und Briegel derjenige, der die Glarner drei Jahre in der zweithöchsten Schweizer Liga hielt. Im vierten Jahr musste er den Abstieg in die 1. Liga hinnehmen. Wolfgang Frank gilt als Baumeister des Höhenfluges des FC Glarus in den Achtzigerjahren des letzten Jahrhunderts und nimmt deshalb eine Sonderstellung bei allen Trainern des FCG ein.
Frank war nicht nur für den FC Glarus eine Galionsfigur, sondern auch für Jürgen Klopp. Der Trainer des FC Liverpool überbrachte seine Glückwünsche für das «Legändä-Fäscht» per Videobotschaft. «Wolfgang Frank hat mich sehr geprägt. Ich finde das einen würdigen Anlass, um sich wieder einmal mit Wolfgang zu beschäftigen» , so Klopp. «Ich habe immer noch Kontakt zu seinen Söhnen. So kann man die Erinnerung immer etwas wachhalten. Genau das machen wir heute auch, und ich wünsche Euch einen angenehmen Tag. Feiert euch, feiert Wolfgang, feiert das Leben.»
Jürgen Klopp war zudem auch in der Ahnengalerie präsent. Auf einem Bild mit der Widmung «Vielen Dank für die Unterstützung beim FC Glarus» und mit einem FC-Liverpool-Shirt, auf dem zu lesen war «Von Liverpool nach Glarus forever». Bei der Unterstützung bezog sich Klopp auf die Hilfe des FCG beim Vertrieb seiner Biografie. «Wir haben lediglich sein Buch an unsere Sponsoren verschenkt», hält der aktuelle FCG-Präsident Koni Gabriel in diesem Zusammenhang den Ball flach.
Apropos Bücher. Geplant gewesen war, dass am «Legändä-Fäscht» 50 Exemplare eines Buches über Wolfgang Frank zum Kauf angeboten werden. Am Ende war am Samstag aber nur die Autorin Mara Pfeiffer in Glarus anwesend, nicht aber die Bücher. Probleme in der Druckerei führten zu Lieferverzögerungen. Der 2013 verstorbene Wolfgang Frank hat eine Generation von Trainern beeinflusst – auch Jürgen Klopp, der sich im Buch ausführlich zu seinem Mentor Frank äussert. Mara Pfeiffer zeichnet die Karriere von Frank nach, der geprägt war vom niederländischen «Totaalvoetbal», vom Jugoslawen Branko Zebec und dem Italiener Arrigo Sacchi.
Auch dank der wertvollen Unterstützung von Franks Söhnen Sebastian und Benjamin ist ein faszinierendes Porträt über einen hochinteressanten Mann entstanden.
All diese Emotionen der FCG-Legenden sowie die «heissen» Klänge der Rämlers am Abend vermochten die Besucher des «Legändä-Fäschtes» letztlich zu erwärmen, sodass Koni Gabriel am Schluss von einem sehr gelungenen Anlass berichten durfte.