Wir haben bereits in mehrere Berichten vom Abschiedsspiel von Regierungsrat Dr. Markus Heer berichtet. Auch im OFV-Info (Saison 2021/2022 Ausgabe 1) erschien ein Bericht zum Abschiedsspiel unseres Schiedsrichters.

Bericht von Bernhard Aggeler:

Schlusspfiff von Schiedsrichter Markus Heer

Samstag, 28. August 2021 – 18:47 Uhr – Sportanlage Tödi im glarnerischen Rüti. Ein letzter Pfiff und fertig ist sie, die Schiedsrichterkarriere von Markus Heer. Das Kantonsderby zwischen dem FC Rüti und dem FC Netstal bot dem Abschiedsspiel des im vergangenen Frühjahr in den Glarner Regierungsrat gewählten Juristen einen würdigen Rahmen. Markus Heer gab im Interview bereitwillig Auskunft über seine Begabung als Fussballer, unvergessliche Momente als Schiedsrichter und ihm wichtige menschliche Werte.

VON ANFANG AN EINE LEIDENSCHAFT
«Ich war alles andere als ein begabter Fussballer», schmunzelt Heer zum Beginn des Interviews. Sein talentierter Bruder hingegen spielte früh beim FC Glarus als E- und D-Junior und bot Markus Heer so die Möglichkeit, bereits als Teenager Spiele von seiner Mannschaft zu leiten. Die Tätigkeit als Unparteiischer schien dem jungen Glarner zu gefallen, weshalb er sich, nachdem er eine entsprechende Ausschreibung in der Zeitung «Sport» gelesen hatte, zum Fussball-Schiedsrichter ausbilden liess. Im Frühjahr 1992 folgte die erste C-Junioren-Partie beim FC Uznach. Auf die Frage, mit welchen Herausforderungen er als junger Unparteiischer zu kämpfen hatte, antwortet Heer: «Ich nehme an, dass die Herausforderungen für alle jungen Schiedsrichter etwa die gleichen sind. Man muss sich gegen teilweise deutlich ältere Spieler durchsetzen können, was doch herausfordernd sein kann.» Verständlich demnach, dass nicht alles auf Anhieb funktionierte. «Da das Pfeifen für mich aber von Anfang an eine Leidenschaft war, liess ich mich auch durch ein schlechtes Spiel nicht entmutigen.»

STUTTGART – NEWCASTLE ALS HIGHLIGHT
Angesprochen auf die Highlights seiner knapp 30-jährigen Schiedsrichter-Karriere nennt Heer zuerst eine U-16-Partie aus dem Jahr 2004 an einem Turnier in Bad Ragaz: «Bei herrlichem Sommerwetter traf im Finale der VfB Stuttgart auf Newcastle United. Es war toll, vor 2000 Zuschauern eine auf höchstem technischem Level ausgetragene internationale Partie leiten zu dürfen.» Dieses Topspiel war bei weitem nicht der einzige Höhepunkt. In Erinnerung geblieben sind Markus Heer vor allem die Derbys, bei welchen es immer viele Zuschauer hatte. «Tavanasa gegen Trun in der 3. Liga oder in der 2. Liga interregional Sursee gegen Wolhusen waren jedes Mal begeisternde Spiele.» Als engagierter Schiedsrichter, welcher innerhalb der ersten zehn Jahre den Sprung an die regionale Spitze schaffte, war es für Markus Heer eine Freude, sich zusätzlich ehrenamtlich für den Fussball zu engagieren. Neben seinen Tätigkeiten als Schiedsrichter-Instruktor und -Coach war Heer jahrelang Mitglied der OFV-Schiedsrichterkommission. «Es war mir wichtig, als Instruktor und Coach meine Erfahrungen und mein Wissen an die nächste Schiedsrichtergeneration weitergeben zu können. Die Arbeit in der Schiedsrichterkommission gefiel mir wiederum deshalb gut, weil man wertvolle strategische Arbeit für die Schiedsrichter leisten kann.» Neben dem geballten Engagement zu Gunsten der Schiedsrichter-Familie geht fast vergessen, dass Markus Heer seit September 2014 auch in der Rekurskommission des Verbandes tätig ist und diese ehrenamtliche Funktion auch in Zukunft beibehalten wird.

CAPTAIN STATT SCHIEDSRICHTER
Ehrenamtliches Engagement lohnt sich, sagt Heer mit Überzeugung! «Dem Breitenfussball kommt für die Gesellschaft eine wichtige Funktion zu. Gerade im Juniorenbereich wird den Kindern und Jugendlichen eine sinnvolle Freizeitbeschäftigung geboten und ein wertvoller Beitrag zur Integration geleistet.» Er bemerkt jedoch ebenso, dass das ganze System nur so lange funktioniert, wie es auch Personen gibt, welche sich als Trainerin, Schiedsrichter oder Funktionär zur Verfügung stellen.
So war es für Heer selbstverständlich, sich auch ausserhalb des Fussballs für das Gemeinwohl einzusetzen. Auf seine zehn Jahre als Präsident des Verwaltungsgerichts blickt er gerne zurück, ergänzt sie jedoch mit einem Wunsch. «Mich reizte es nach dieser doch recht langen Zeit vermehrt gestalten zu können, anstatt das Verhalten von Behörden zu untersuchen und allenfalls zu korrigieren. Auf den Fussball übertragen kann man sagen, dass ich nun nicht mehr Schiedsrichter, sondern Captain eines Teams bin.»

GANZ WEG IST DER FUSSBALL NICHT
Sicherlich auch dank dem Präsidium am Verwaltungsgericht gelang Markus Heer vor kurzem der Sprung in die Politik. «Meine politische Karriere lancierte ich im November 2020, als ein Regierungsrat im Kanton Glarus überraschend zurücktrat. Der Wahlkampf fand über die Wintermonate statt, die erfolgreiche Wahl erfolgte dann im zweiten Wahlgang, am 28. März 2021. Bereits am 3. Mai 2021 hatte ich meinen ersten Arbeitstag.» Klar, dass nach dem Wechsel in dieses verantwortungsvolle Amt der Fussball nicht mehr im selben Umfang zum Zuge kommen kann. Nach langem Überlegen entschied sich Heer dementsprechend seine Schiedsrichterlaufbahn und die damit verbundenen Tätigkeiten als Instruktor und Coach per Ende August 2021 zu beenden. Ganz weg ist der Fussball bei Markus Heer aber trotzdem nicht. Als Regierungsrat leitet er das Departement Bildung und Kultur, bei dem neben der Beaufsichtigung der Volksschule, der Steuerung der Berufsbildung unter anderem auch die Förderung von Kultur und Sport angesiedelt ist.

TRAGFÄHIGE LÖSUNGEN FINDEN
Als Visionär mit sportlichem Hintergrund bildet die körperliche Betätigung für Markus Heer auch in Zukunft ein Schwergewicht. «Eines der Ziele ist die Erarbeitung eines kantonalen Sportkonzepts, sodass sich die Bevölkerung stärker bewegt.» Unabhängig dieser Tatsache sind menschliche Werte für Heer besonders wichtig. «Im Vordergrund steht für mich die Chancengerechtigkeit. Ist diese gegeben, kann man auch die Eigenverantwortung einfordern. Im politischen Geschehen ist mir ein anständiger Umgang wichtig. Man darf miteinander streiten, aber es muss stets um die Sache gehen. Letztlich geht es darum, im gemeinsamen Diskurs tragfähige Lösungen zu finden.»

WIRD DIE GESCHICHTE WEITERGEFÜHRT
Und so kam er dann, der Tag seines letzten Pfiffs. Drei Monate nach dem Antritt seines Regierungsratsamtes und in Anwesenheit seiner Familie zeigte Heer trotz schlechter Witterungsverhältnisse eine souveräne Abschiedsvorstellung. Es versteht sich von selbst, dass es sich die Verantwortlichen diverser Fussballinstitutionen nicht nehmen liessen, Markus Heer bei diesem denkwürdigen Schritt zu begleiten. Sei es Koni Gabriel vom Stammclub FC Glarus, Hanspeter Blunschi vom Glarner Kantonalfussballverband oder Marcel Stofer vom Ostschweizer Fussballverband. Allesamt erlebten sie einen zufriedenen und glücklichen Markus Heer, welcher seine Pfeife nach dem Verlassen des Sportplatzes an den berühmten Nagel hängte. Und doch: Ganz von der Fussball-Bildfläche verschwinden wird der Name Heer wohl doch nicht. Szenekenner melden, dass beim FC Linth 04 ein talentierter D-Junioren-Torhüter mit dem Namen Heer spielt. Der Familiengeschichte nach müsste nun dessen Schwester in die Rolle der Schiedsrichterin schlüpfen. Gespannt warten wir somit die kommenden Partien der besagten DJunioren ab, ob sich unter den kommenden Schiedsrichtern bald einmal eine weibliche Unparteiische mit dem Namen Heer befindet.