«BRACK.CH play more football» ist das neue Wettspielformat im Kinderfussball (Kategorien G, F und E/FF12), das ab dem Sommer 2021 schrittweise landesweit eingeführt wird.

Bisher spielten die F-Junioren 5er Fussball. Das bedeutet, dass die F-Junioren auf einem Spielfeld von 30 m x 25 m mit je vier Feldspieler und einem Torhüter spielen. Neu sollen kombinierte Turniere stattfinden, in welchem sowohl Spiele im 4er Fussball (1 Torhüter und drei Feldspieler), wie auch in Spielformen “drei gegen drei” auf sogenannte Pugg-Goals (1-Meter-Tore) ohne Torhüter stattfinden. Die F-Junioren des FC Glarus (Team Deyenstock) nahmen am vorletzten Samstag (18. September 2021) in Siebnen an einem Demo-Turnier teil.

Im “drei gegen drei” wird auf jeweils vier Pugg-Tore gespielt (siehe Abbildung unten).

In Siebnen wurde nebst dem “drei gegen drei” (Kleinfeld) nicht 5er Fussball, sondern 4er Fussball (1 Torhüter und 3 Feldspieler) auf dem “Grossfeld” auf die 5-Meter-Tore gespielt.

“Play more football” wird seit dem vergangenen Sommer 2021 schrittweise eingeführt und soll ab Sommer 2023 in allen Verbänden etabliert sein. Der FC Glarus nimmt an dieser Stelle im Kanton Glarus eine Vorreiter-Rolle ein. So war es der FC Glarus, welcher bereits in diesem Herbst 2021 bei den F-Junioren-Turnieren “play more football” einführen wollte. Das Demo-Turnier in Siebnen hat die Verantwortlichen des FC Glarus darin bestärkt, dass man im Frühling 2022 die F-Junioren-Turniere in Glarus nach den Ideen “play more football” durchführen wird.

Die Änderungen sollen ab Sommer 2023 nicht nur bei den F-Junioren eingeführt werden, sondern auch bei den E-Junioren. Auch dort soll in Zukunft an den Turnieren jeweils “drei gegen drei” auf die Pugg-Tore und nebenbei “sechs gegen sechs” (1 Torhüter und fünf Feldspieler) gespielt werden.

Im OFV-Info (Saison 2021/2022 Ausgabe 1) wurde ein Bericht von Mirjam Hintermann, Jörg Fuchslocher, Michael Romann, Dennis-Peter Born (EHMS), Joy Lara Walker, Raphael Kern und Dominik Müller (SFV) veröffentlicht. Gerne teilen wir diesen Bericht folgend mit euch:

«play more football» – Kleinfeldspiele im Vormarsch

Eine Studie im Schweizer Kinderfussball zeigt, dass ein neues Wettspielformat die Anzahl technischer und taktischer Aktionen im Vergleich zum traditionellen Format um 62 % erhöht. Beim neuen Spielformat «play more football» wird das traditionelle Grossfeld- mit einem zusätzlichen Kleinfeldspiel kombiniert.

Rund 60’000 Kinder im Alter von 5 bis 10 Jahren spielen in der Schweiz in einem Verein Fussball. Um allen Kindern einen freudvollen und lernreichen Einstieg in den Vereinssport zu ermöglichen, hat der Schweizerische Fussballverband SFV genauer hingeschaut und das bestehende Wettspielsystem hinterfragt.

Durch die darauffolgende Zusammenarbeit mit der Eidgenössischen Hochschule für Sport Magglingen EHSM sowie der Unterstützung von Swiss Olympic ist basierend auf praktischer Erfahrung und wissenschaftlicher Erkenntnis ein neues Wettspielformat im Kinderfussball entstanden: «play more football» kombiniert das traditionelle Grossfeld- mit einem zusätzlichen Kleinfeldspiel. Über zwei Jahre wurde dieses Projekt in der Praxis getestet, analysiert und wird nun in den nächsten drei Jahren landesweit eingeführt.

Kinder wollen spielen

Kinder eignen sich Kompetenzen im technisch-taktischen Bereich am besten in Spielformen mit häufigen und variantenreichen Aktionen an. Das heisst: Das Wettspielformat hat in der Ausbildung von jungen Spieler/innnen eine hohe Bedeutung.

Der Kinderfussball sollte in Bezug auf die Entwicklung der Spielkompetenz allen Spieler/innen erstens, eine möglichst hohe aktive Spielzeit und -beteiligung, zweitens, möglichst viele Ballkontakte und drittens, eine hohe Variation an Spielsituationen und Positionswechseln ermöglichen. Hierbei beeinflussen die Spielfeldgrösse, Spieldauer, Regeln und Anzahl der Spieler auf dem Feld entscheidend den Verlauf und Ausgang des Spielgeschehens.

Grossfeld- vs. Kleinfeldspiele

Die Forschung beschäftigte sich in den letzten Jahren stark mit den Effekten verschiedener Spielformate auf technische, taktische und physiologische Parameter im Fussball. Es wird dabei zwischen Grossfeldspielen, den traditionellen Spielformen und Kleinfeldspielen, sogenannten small-sided games SSG, unterschieden.

SSG sind Spielformen, bei welchen auf einem reduzierten Spielfeld mit weniger Spielern und angepassten Regeln gespielt wird. Studien zeigen: Verglichen mit dem Grossfeldspiel kommen in Kleinfeldspielen mehr technisch und taktische Spielaktionen (Duelle, Abschlüsse, Pässe, etc.) vor.

Durch die Anpassung des Feldes spielen Kinder in einer Umgebung, die an ihre Fähigkeiten adaptiert ist. Gleichzeitig werden sie sehr spielnah und zielorientiert auf den späteren 11er Fussball vorbereitet. Jedoch zeigt auch das Grossfeldspiel in wissenschaftlichen Studien Vorteile gegenüber dem Kleinfeldspiel. Dabei wird vor allem das positionsspezifische Spiel, das Spiel in die Breite und Tiefe und das taktische Zusammenspiel mehr gefördert.

Um in Zukunft die Vorteile beider Spielformate bestmöglich für den Kinderfussball (Kategorien G, F, E) zu nutzen und die Kinder noch kompletter zu fördern, wurde das Projekt «play more football» ins Leben gerufen, mit der Idee, beide Formate an einem Spieltag zu spielen.

Die Ziele

Mit dem neuen kombinierten Wettspielformat will der SFV die folgenden Ziele erreichen:

  • Mehr technische und taktische Spielaktionen für alle Kinder,
  • das Erleben von mehr Ballannahmen, Pässen, Dribblings, Torabschlüssen und Duellen,
  • das Erfahren von mehr unterschiedlichen Spielaktionen, wodurch die fussballerische Ausbildung verbessert wird,
  • das Erleben von einer durchschnittlich höheren und intensiveren Spielzeit und somit eine Senkung der Gefahr eines Ausstiegs aus dem Sport aufgrund von mangelnder Spielzeit,
  • die Erhöhung der Spielaktionsdichte durch das Kleinfeldspiel, wobei die Spieler gefordert werden, aktiver am Spiel teilzunehmen als im Grossfeldspiel,
  • das kindergerechte Erlernen von  Respekt, Fairplay und Selbständigkeit, wobei die Freude am Spiel immer im Fokus steht.
Die Untersuchung

In einer zweijährigen Untersuchung in der Kategorie E wurde die Kombination (4 gegen 4) und  mit dem traditionellen Wettspielformat (7 gegen 7) verglichen. Rund 300 Kinder im Alter von 9 und 10 Jahren nahmen an dieser Studie teil. Es wurde in einem Turniermodus mit vier Teams gespielt.

Die Interventionsgruppe IG spielte im ersten Teil des Turniers 3×10 Minuten das 4 gegen 4, in Halbmannschaften auf kleineren Feldern mit vier Mini-Toren und ohne Torspieler. Im Anschluss wurden in einer 10-minütigen Pause zwei kleine Felder zu einem grossen Feld umgebaut.

Im zweiten Teil des Turniers spielten die Kinder 3×20 Minuten das gewohnte 7 gegen 7 mit Torspieler. Die Kontrollgruppe KG spielte nur das 7 gegen 7 auf dem grösseren Feld ebenfalls in einem Turniermodus.

Mehr Spielaktionen für alle

Die Resultate zeigen: Spieler/innen im kombinierten Wettspielformat haben mehr Spielaktionen pro Spieler/in pro Minute als im traditionellen Wettspielformat. In allen acht gemessenen technischen und taktischen Aktionen (Ballannahme, Pass, Dribbling, Ballführen, Abschluss, Duell, Pass abfangen, Ballbesitzer unter Druck setzen) zeigt sich eine grössere Anzahl an Aktionen im neuen, kombinierten Wettspielformat.

Neben den quantitativen Analysen wurde bei fünf Parametern zusätzlich die Qualität der Ausführung der Spielaktionen analysiert (Ballannahme, Pass, Dribbling, Abschluss, Duell). Es zeigte sich, dass die Spieler/innen signifikant mehr erfolgreiche sowie mehr nicht-erfolgreiche Spielaktionen ausführen. Der prozentuale Anteil an erfolgreich ausgeführten Aktionen zwischen den beiden Wettspielformaten verändert sich jedoch nicht.

Kein Kind kommt mehr zu kurz

Weiter wurden die Spieler/innen in den Wettspielformen einzeln untersucht und dabei basierend auf der Anzahl an Spielaktionen im 7 gegen 7 in drei Gruppen eingeteilt. Dominante Spieler/innen haben die meisten Aktionen (oberes Drittel), nicht-dominante die wenigsten Aktionen (unteres Drittel). Es zeigte sich, dass die dominanten Spieler/innen im Kleinfeldspiel 36 % und im 7 gegen 7 sogar 42 % aller Spielaktionen durchführten. Für die nicht-dominanten blieb so im Kleinfeld ein Prozentsatz von 29 % und im Grossfeld 24 % (restliche Aktionen im mittleren Drittel: 35 % und 34 %).

Dennoch hatten die nicht-dominanten Kinder im 4 gegen 4 im Schnitt einen höheren Anstieg (+71 %) in der Anzahl der Aktionen pro Spieler pro Minute als die Dominanten. In der Gruppe der nicht-dominanten Spieler/innen hatten alle im 4 gegen 4 mehr Aktionen als der Spieler mit den meisten Aktionen im 7 gegen 7. Da die Verteilung im Kleinfeldspiel fast gleich war zwischen den drei Gruppen, scheint es, dass speziell nicht-dominante Spieler/innen auf dem kleineren Feld einen grösseren Anteil am Spielgeschehen haben und somit alle am Spiel beteiligt sind und mehr Fortschritte machen können.

Für eine komplettere Förderung

Das kombinierte Spielformat bringt den Spielern/innen im Schnitt 62 % mehr Spielaktionen pro Spieler pro Minute. Mehr technische und taktische Spielaktionen ermöglichen den Kinder auch mehr Entscheidungen in offensiven und defensiven Spielsituationen, was die Entwicklung der Spielintelligenz und der Kreativität fördert.

Die höhere Aktionsdichte im 4 gegen 4 fordert zudem eine aktivere Teilnahme am Spiel, wobei sich die Spieler/innen auf dem Feld kaum ‘verstecken’ können. Mehr erfolgreich und nicht-erfolgreich ausgeführte Spielaktionen erhöhen zugleich die qualitative Entwicklung der fussballspezifischen Fähigkeiten. Letzte führt durch die höhere aktive Spielbeteiligung zu mehr Engagement und Freude am Spiel.

Die Zukunft im Schweizer Kinderfussball

Aufgrund der positiven Erfahrungen in der Praxis sowie den wissenschaftlichen Erkenntnissen aus dem Projekt hat der SFV entschieden, im Kinderfussball neue Wettspielformate einzuführen. Alles mit dem Ziel, den Kindern eine ganzheitliche Ausbildung, eine hohe Spielzeit und möglichst viele Erfolgserlebnisse im Fussball zu ermöglichen. Die Neuerungen gelten für die ganze Schweiz und werden gemeinsam mit den Regionalverbänden in den nächsten drei Jahren umgesetzt.

Praktische Umsetzung

Das getestete kombinierte Wettspielformat hat überzeugt und den SFV dazu bewogen, alle drei Kategorien im Kinderfussball mit kombinierten Spielformaten anzupassen. Um einen kontinuierlichen Aufbau über die Alterststufen sicherzustellen, wurden in den Kategorien Anpassungen bei Spielerzahl und Feldgrösse vorgenommen.

Die Spielerzahl wurde in allen Kategorien reduziert, um die Komplexität nochmals zu verringern und die Spielbeteiligung zu erhöhen. Neu werden in allen Kategorien rund zweistündige Fussballturniere mit Gross- und Kleinfeldspielen durchgeführt.