Heute (21. Februar) hätte Wolfgang Frank seinen 70. Geburtstag feiern können. Ein kleiner wehmütiger Rückblick auf die Trainer-Legende des FC Glarus.

Für den 01. Mai 2021 plant der FC Glarus einen “Legenden-Tag” im Buchholz. Anlässlich dieses Tages haben stellen wir euch auf der Homepage und im Newsletter laufend Legenden des FC Glarus vor, welche in den alten Zeiten schwelgen und Anekdoten aus ihrer Zeit beim FC Glarus erzählen. Bei der Frage, welche Spieler und Trainer sie besonders geprägt haben, nennen ausnahmslos alle Legenden, welche in den 80er Jahren beim FC Glarus spielten, Wolfgang Frank als besonders beeindruckende Person.

Der FC Glarus spielte Anfang der 1980er Jahre in der 3. Liga. Mit einer “Flucht nach vorne” wollte der Vorstand einen “Platz an der Sonne” erobern. Als erstes verpflichtete man 1981 den ehemaligen Bundesliga-Spieler Helmut Huttary (Bundesliga-Spieler des VfB Stuttgart) als Spielertrainer. Unter der Leitung von Helmut Huttary schaffte man tatsächlich den Aufstieg in die 2. Liga.

Mit der Verpflichtung von Wolfgang Frank im Sommer 1984 als Spielertrainer begann dann die erfolgreichste Zeit der Vereinsgeschichte des FC Glarus. Mit professionellen – und auf die Amateurverhältnisse des Vereins zugeschnittenen – Methoden führte Wolfgang Frank von Erfolg zu Erfolg.
Wolfgang Frank war bekannt als kleiner, wendiger und trotzdem kopfballstarke Angreifer. In der Bundesliga spielte er für den VfB Stuttgart, Eintracht Braunschweig, Borussia Dortmund und der 1. FC Nürnberg. Insgesamt absolvierte er 215 Bundesliga-Spiele und schoss dabei 89 Tore. Trotz einer Körpergröße von 1,72 m war er ein gefürchteter Kopfballspieler, da er durch Sprungkraft – bei den Sprüngen half ihm das geringe Gewicht von 66 kg – und technische Fähigkeiten vielen hochgewachsenen Abwehrspielern überlegen war.

Wolfgang Frank – mittlere Reihe, zweiter von links

In den ersten beiden Jahren beim FC Glarus formte er den Verein aus dem Zigerschlitz zu einem 2. Liga Spitzenverein (1984/1985 – 2. Platz / 1985/1986 – 2. Platz). Nachdem mit dem FC Chur die dominierende Mannschaft der Saison 1985/1986 in der 1. Liga aufgestiegen war, durfte sich der FC Glarus berechtigte Aufstiegshoffnungen machen. Vom ersten an kristallisierte sich ein Zweikampf zwischen dem FC Glarus und dem FC Balzers um den Gruppensieg heraus. Ständig an der Tabellenspitze liegend, spürten die Glarner doch stets den Hauch des Verfolgers aus dem Fürstentum im Nacken. So musste die direkte Begegnung am Landsgemeinde-Sonntag 1987 in Glarus die Vorentscheidung bringen. Unter widrigsten äusseren Verhältnissen (Schnee, Regen, Wind) siegte die Frank-Elf mit 1:0 und räumte damit den letzten Stein auf dem Weg zum Gruppensieg beiseite. Die Aufstiegspoule mit den Teams FC Seefeld Zürich, FC Tresa und FC Glarus, von denen zwei Teams aufstiegsberechtigt waren, begann mit der Partie FC Seefeld – FC Glarus (0:2-Sieg). Mit dem erklärten Ziel, dem Aufstieg beim papiermässig als schwächstem Team der Poule eingestuften FC Seefeld mit einem Sieg oder allenfalls einem Unentschieden ein grosses Stück näher zu kommen, gingen die Glarner in diese Partie, die sie mit 2:0 für sich entschieden. Mit diesem Auswärtssieg schuf sich die Glarner Elf eine hervorragende Ausgangslage für die eine Woche später im heimischen «Buchholz» stattfindende Partie gegen den FC Tresa, die 0:0 endete. Damit gelang es dem FC Glarus als erstem glarnerischen Verein, den Sprung in die höchste Amateurklasse (1. Liga) zu schaffen. Zugleich machte sich der Verein damit wohl das schönste Jubiläumsgeschenk zum 75-jährigen Bestehen gleich selbst.

1. Mannschaft – Saison 1986/1987 – Wolfgang Frank (mittlere Reihe, links aussen)

In der Saison 1987/88 führte Trainer Wolfgang Frank den FC Glarus zum Aufstieg in die Nationalliga B. Innerhalb von zwei Saisons hatte der Verein den Sprung von der 2. Liga in die Nationalliga B geschafft. Der FC Glarus belegte in der 1. Liga Gruppe 4 den 1. Platz (13 Siege, 11 Unentschieden, 2 Niederlagen, Torverhältnis: 32:12). In den Aufstiegsspielen in die NLB musste der FC Glarus zuerst gegen den FC Châtel-St-Denis antreten (3:0-Sieg, 1:1-Unentschieden). In der zweiten Aufstiegsrunde musste der FC Glarus gegen Urania-Genève-Sport antreten (0:0-Unentschieden, 1:2-Niederlage). Daraufhin stand Urania-Genève-Sport als Aufsteiger in die NLB fest. Der FC Glarus erhielt nochmals eine Chance in der dritten Aufstiegsrunde gegen den FC Rorschach (3:1-Sieg, 5:1-Sieg). Somit stieg der FC Glarus gemeinsam mit dem FC Emmenbrücke und Urania-Genève-Sport in die NLB auf.

NLB Team des FC Glarus (1988/1989) – Wolfgang Frank (mittlere Reihe, zweiter von rechts)

Wolfgang Frank war dabei nicht nur als Trainer besonders entscheidend, sondern immer noch als Spieler praktisch unverzichtbar. Leider verletzte er sich im vierten Spiel der NLB in der Partie gegen den FC Emmenbrücke derart schwer (Beinbruch), dass seine Spieler-Karriere abrupt endete.

Wolfgang Frank war ein akribischer Arbeiter. So erstellte er zu jedem Gegner eine detaillierte Analyse und händigte die mehrseitigen Dokumenten jeweils seinen Spielern als Vorbereitung aus. Nebst den Taktiken der Gegner analysierte er jeden Stammspieler der Gegner genau und beschrieb diese mit deren Stärken und Schwächen. Diese Arbeit bezahlte sich für den FC Glarus aus. Nebst den Aufstiegen von der 2. Liga bis zur NLB (heutige Challenge League) ist heute noch vielen Glarnern der 1:2 Auswärts-Sieg im NLB-Spiel vom 13. August 1988 gegen den grossen FC Basel im altehrwürdigen Joggeli in Erinnerung.

Im Winter 1988, nach dem ersten Halbjahr in der NLB, verliess Wolfgang Frank den Aufsteiger und wechselte zum NLA-Klub FC Aarau. Glarus gab seinen «Wundermann» trotz eines bis Ende Saison 1991/92 laufenden Vertrags frei. Seine weiteren Trainer-Stationen waren unter anderen der FC Wettingen (NLA), FC Winterthur (NLB), Rot-Weiss Essen (2. Bundesliga), FSV Mainz (2. Bundesliga), Austria Wien (Österreichische Bundesliga), MSV Duisburg (2. Bundesliga), SpVgg Unterhaching (2. Bundesliga) und Kickers Offenbach (2. Bundesliga).
Mit Rot-Weiss Essen stiess er bis ins DFB-Pokal 1993 vor, wo man 3:1 gegen den Bundesligisten SV Werder Bremen verlor.

Wolfgang Frank ist sicherlich eine der grossen Legenden des FC Glarus. Ihn darf man in einem Atemzug mit Fritz Künzli und René Botteron nennen. Jeden Spieler des FC Glarus, welcher in dieser Zeit spielte, hat er geprägt. Aber nicht nur in Glarus genoss Wolfgang Frank Legenden-Status. Besonders verehrt wurde er in Mainz und auch an den anderen Trainerstationen wie in Offenbach und in Essen.

Wie bereits geschrieben, war Wolfgang Frank ein akribischer Trainer und setzte sich intensiv mit Fussball auseinander. So war es Wolfgang Frank der als einer der ersten Coaches in Deutschland die Viererkette einführte. Frank erarbeitete sich bei seinen zahlreichen Stationen als Coach den Ruf des gewieften Fußball-Taktikers. 


Bericht von www.11freunde.de vom 9.9.2013 (von Christoph Erbelding):

Des Meis­ters Lehr­meister

Er hat es als Trainer nie in die Fuß­ball-Bun­des­liga geschafft, doch mit seinen Trai­nings­me­thoden ebnete er seinem Mus­ter­schüler Jürgen Klopp den Weg zum Welt­klas­se­trainer. Zum Tode Wolf­gang Franks.

Jürgen Klopp staunte Bau­klötze und sperrte die Lau­scher auf so weit auf, wie er nur konnte. Da stand ein Mann vor ihm, der etwas zu sagen hatte, was er so noch nicht gehört hatte. Viel­leicht fühlte sich dieser durch­schnitt­liche Zweit­li­ga­spieler, der Jürgen Klopp nun einmal war, derart intensiv ange­sta­chelt, dass die Trai­ner­kar­riere des spä­teren Dort­munder Meis­ter­ma­chers hier ihren Anfang nahm, damals, im Sep­tember 1995. Als Wolf­gang Frank den FSV Mainz 05 in Liga zwei über­nahm und Klopp, Sport­wis­sen­schaftler und Zweit­liga-Abräumer uni­sono, eine neue Sicht auf den Fuß­balls ver­mit­telte.

„Wolf­gang Frank hat uns die Lauf­wege ein­ge­häm­mert. Für mich war das eine Offen­ba­rung“, wird Klopp Jahre später über diesen Trainer sagen, der es nie in die Bun­des­liga geschafft hat mit dem, was er nach seinem Kar­rie­re­ende tat. Der jedoch etliche Trainer aus­bil­dete, ohne jemals in Köln gear­beitet zu haben. Chris­tian Hock (SV Wehen Wies­baden), Peter Neu­städter (TuS Koblenz), der auf­stre­bende Braun­schweiger Coach Thorsten Lie­ber­knecht – sie alle gingen durch die Frank-Schule. Sie alle wussten schon wäh­rend der aktiven Kar­riere, dass sie irgend­wann auf die Exper­tise ihres Mainzer Trai­ners würden zurück­greifen können. ​„Einige haben sehr gut zuge­hört“, sagt Frank einmal, als seine Zeit als Mainzer Trainer schon Jahre zurück­liegt. Einer jedoch saß immer in der ersten Reihe: ​„Kloppo hat am besten zuge­hört.“

Auf den Spuren des großen Ariggo Sacchi

Was gab es da zu hören, was begeis­terte den anspruchs­vollen Jürgen Klopp derart bei­spiellos? ​„Franks große Stärke war der klare Plan vom Spiel“, bekennt der Erleuch­tete. ​„Er hat unsere Spiel­ergeb­nisse ein Stück unab­hängig gemacht von unserem Talent. Bis dahin hatten wir gedacht: Sind wir die schlech­teren Spieler, ver­lieren wir.“ Nun war das anders: ​„Wir konnten mit unserem System Spiele gewinnen gegen Mann­schaften, die besser waren als wir.“

Frank lehrte die Mainzer Dinge, die heute jedes Talent früh­zeitig bei­gebracht bekommt: das ball­ori­en­tierte Spiel, die Raum­de­ckung, die Vie­rer­kette. Ele­mente, die in Deutsch­land, dem Land der Dichter, Denker und (Mann)-Decker anno 1995 noch nicht all­ge­gen­wärtig sind, um es vor­sichtig aus­zu­drü­cken.

Wenige Trainer haben sich in Deutsch­land bis dahin an die Vie­rer­kette getraut. Hannes Bon­gartz bei Wat­ten­scheid 09 war einer, ebenso Bernd Krauss, der mit Patrik Andersson einen Schweden ver­pflich­tete, um die Kette spielen lassen zu können, da ihm eine in Deutsch­land aus­ge­bil­dete Fach­kraft fehlt. Und eben Wolf­gang Frank, der nach seinem Kar­rie­re­ende als Bun­des­liga-Profi (215 Spiele unter anderem für Borussia Dort­mund) in der Schweiz gear­beitet hatte, beim FC Aarau, FC Wet­tingen, FC Win­ter­thur. Dort waren sie offen gewesen für den Erfin­der­geist des großen Ita­lie­ners Arrigo Sac­chis, der den AC Mai­land mit all diesen Ele­menten zum besten Teams Europas geformt hatte.

Franks Trai­ning in Mainz ist Mitte der Neun­ziger dem­entspre­chend ein weiter gezeich­netes Abbild der Sacchi-Schule. Akri­bisch rammt er vor nahezu jeder Ein­heit in Mainz Stangen in den Trai­nings­platz und lässt seine Spieler diese ohne Ball ablaufen, bis sie seine Ideen ver­standen haben. Er macht aus dem ewigen Abstiegs­kan­di­daten Mainz 05 ein Spit­zen­team der zweiten Liga und aus Jürgen Klopp einen Spieler, der es in kaum abwarten kann, end­lich selbst Spie­lern die Vor­teile dieser noch neu­mo­disch erschei­nenden Lehre zu ver­mit­teln.

Einmal hätte es Frank mit den Main­zern bei­nahe in die Bun­des­liga geschafft. 1998 spielt er mit seinem Team am letzten Spieltag beim VfL Wolfs­burg, der Sieger der Partie darf ab der kom­menden Saison im Ober­haus ran. Jürgen Klopp schießt ein Tor, doch der FSV unter­liegt in einer mit­rei­ßenden Partie mit 4:5. Die Mis­sion, Mainz 05 in die Bun­des­liga zu führen, wird Franks Mus­ter­schüler Jürgen Klopp Jahre später voll­enden.

Als Klopp im Jahr 2001 Trainer des FSV wird, ste­cken die Mainzer im Abstiegs­kampf der zweiten Liga. Klopp hat nicht viel Zeit und ver­sucht mit zwei Maß­nahmen, kurz­fristig für Erfolg zu sorgen. Ers­tens: Der von Eck­hard Krauzun in der Post-Frank-Ära wieder ein­ge­führte Libero wird end­gültig abge­schafft, statt­dessen kehrt die Fran­k’­sche Vie­rer­kette zurück. Und zwei­tens: Die ersten Anspra­chen über­nimmt Klopp nahezu kom­plett von seinem Lehr­meister Wolf­gang Frank, wohl wis­send, dass viele Spieler, die da vor ihm sitzen, diese schon kennen. Doch Klopp macht alles richtig. Das erste Spiel unter ihm gewinnt der FSV am Ascher­mitt­woch 2001 mit 1:0 gegen den MSV Duis­burg. Der Klas­sen­er­halt gelingt. Der Rest ist Geschichte.

Jürgen Klopps Lehr­meister Wolf­gang Frank verstarb leider am 7. September 2013 im Alter von 62 Jahren an den Folgen eines Hirn­tu­mors.


Wo Wolfgang Frank hinkam, hinterliess er Spuren.

Seine beiden Söhne (Sebastian und Benjamin) wuchsen in Glarus auf und spielten beide für die 1. Mannschaft des FC Glarus. Noch heute sind beide mit dem Fussball verbunden. So sind Sebastian und Benjamin bei Borussia Dortmund als Scouts angestellt.